Die Erinnerung ist mit visuellen Bildern eng verknüpft. Als Gedächtnismedium kann die Fotografie Erinnerungen auslösen, korrigieren, verfälschen oder verhindern. Fotografische Aufnahmen können den Wahrnehmungsprozess des vergangenen Geschehens selbst bestimmen und strukturieren und sogar als Ersatz der Erinnerung dienen. Das fotografische Bild ist allerdings auf die Sprache angewiesen. Es muss dechiffriert werden. Das Bild bedarf der narrativen Einbindung und der näheren Erklärung, um bedeutungsvoll zu werden. Das Bild erhält Sinn erst durch die Sprache. Und die Sprache erhält eine spezifische Authentizität und Referenzialität durch die Unwiderlegbarkeit der Fotografie. Vor diesem Hintergrund werden im Beitrag die Integrationsformen und Funktionen von Fotografien als Medien der Erinnerung in Monika Marons Familiengeschichte Pawels Briefe und Tanja Dückers’ Generationenroman Himmelskörper untersucht. Ist in Pawels Briefe der visuelle Modus der Erinnerung dominant, gründet sich der Text auf eine stark auf optische Phänomene ausgerichtete Gedächtnispoetik, so verzichtet Tanja Dückers im Roman Himmelskörper weitgehend auf ein Gedächtnis, das schaut, und distanziert sich von einer Erzählungsweise der gestalteten Erfindung anhand von Fotografien.
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