Wie weit müssen sich juristische Personen und ihre Organe Wissen und Kenntnisse anderer Personen (Organmitglieder, sonstige Mitarbeiter und Vertreter) anrechnen lassen? Je komplexer Organisationen sind, desto mehr Fragen wirft dies auf, z. B. bei Abschluss von Verträgen, bei vertraglichen und außervertraglichen Pflichtverletzungen (Vorsatz und Fahrlässigkeit), im Ordnungswidrigkeitenrecht oder im D&O-Versicherungsrecht (Wissentlichkeitsausschlüsse). Die gesetzlichen Regeln sind spärlich, so dass die Frage der Wissenszurechnung Domäne der Rechtsprechung ist. Der BGH hat vor einiger Zeit zum ersten Mal zur Wissens- und Vorsatzzurechnung bei § 826 BGB Stellung genommen, und zwar in einer Weise, die über § 826 BGB hinausweist und sich für andere Normbereiche fruchtbar machen lässt. Der Beitrag legt den Entscheid des BGH dar und entwickelt dessen Konsequenzen für die Wissenszurechnung in anderen Rechtsgebieten. Es zeigt sich: Der Wissenszurechnung sind deutliche Grenzen gesetzt, die im Wege der Wertung gesondert für jeden Normbereich entwickelt werden müssen.
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